Rätsel lösen
die Kunstwissenschaftlerin Ingeborg Ruthe zu den Arbeiten von Beate Bendel
Die Kunst Beate Bendels ist eine Symbiose: Ton aus dem Bauch der Erde, gebrannt in der Hitze des Feuers, bemalt im Luftraum der Phantasie.
Zu Gefäßen geformter, gebrannter Ton dient seit der Antike nicht nur zum alltäglichen Gebrauch, sondern auch als Bildgrund und Bildträger.
Beate Bendel stellt sich in diese Tradition und verknüpft sie mit ihrem Zeit- und Lebensgefühl, so überschreitet sie intuitiv getrieben von der Neugier am Ergebnis des Experiments die Genregrenzen – hin zum Bild, sogar zum Skulpturalen.
Dreimal wird gebrannt, das ergibt die unverwechselbare, schöne Crauelé-Keramik. Mit Vorliebe gibt die Künstlerin ihren Werken Formen der Erdkugel, die ein wenig zur Ellipse wird. Bauchige, hohe Vasen und ausladende Schalen bieten ihr konkave und konvexe Bildgrunde, auf die sie mit vehementer, spielerisch-tänzerischer Pinselsprache expressive, farbige Motive setzt. Mitunter durchbricht sie die runde glatte Form und baut Schalen und Kugeln auf wie Architektur mit Durchbrüchen für Luft und Licht, für Verbindungen von Innen und Aussen.
Noch in der größten Abstraktion der lebhaft–heiteren gemalten Zeichenwelt auf dem Ton lässt sich Figurales erkennen, die ganze Schöpfung: Himmel und Erde, Feuer, Wasser, Luft, Tier und Pflanze, Frau und Mann. Angedeutet im intensiven Farbengespinst ist das ewigmenschliche ambivalente Beziehungsgeflecht seit dem Garten Eden und dem Sündenfall.
Die Bildwelten auf den Rundungen der Tongefäße Beate Bendels sind voller Andeutungen und überzogen mit winzigen Geschichten: lustige, melancholische, freche und erotische. Man muss rundherum gehen oder sie in die Hand, am besten in Besitz nehmen, um die Spuren dieser kleinen Geheimnisse verfolgen und das Rätsel lösen zu können.
Aus Kunst für den Alltag wird so Kunst voller Alltagsphilosophie.